Suche

Im Gespräch mit Ralph Christoph und Norbert Oberhaus

Schließen

Ralph Christoph, c/o pop Convention Director, und Norbert Oberhaus, Geschäftsführer der Cologne on pop GmbH und Co-Geschäftsführer des PopBoardNRW, über den Erfolg der c/o pop 2022, die aktuelle Lage der Kölner Pop-Szene, deren weitere Entwicklung und die Notwendigkeit, die Protagonist*innen der Popkultur zu fördern.  

 

Zwei Jahre lang fand die c/o pop nur digital statt, jetzt endlich zum ersten Mal wieder live vor Ort: Wir lautet Euer Fazit?

Ralph Christoph: Waren unsere Gefühle kurz vor dem Event noch gemischt, wenn auch voller Vorfreude, so sind wir danach wahnsinnig glücklich und zufrieden. Als Veranstalter sind wir an die aktuell gültigen Corona-Schutzverordnungen gebunden, insofern war die Planung mit vielen Fragezeichen verbunden und der Frage, wann die Politik wie entscheiden wird, ob es Lockerungen gibt, und wenn ja: welche. Gleichzeitig haben wir die Wochen und Tage vor dem Festival und der Convention gespürt, dass die Menschen wahnsinnig viel Lust haben, die beiden Veranstaltungen zu besuchen.

 

War beim Festival noch etwas von pandemiebedingter Zurückhaltung zu spüren?

Christoph: Da das Wetter mitgespielt hat und wir die Convention in unserer neuen Zentrale im Herbrands mit seinem weitläufigen Biergarten durchgeführt haben, konnte der Austausch unter den Delegates fast ausschließlich im Freien stattfinden – was sich deutlich auf das Sicherheitsgefühl und die Stimmung ausgewirkt. Und auch bei unserem popkulturellen Straßenfest c/o Ehrenfeld waren viel mehr Menschen unterwegs, als wir uns erträumt hatten.

 

Welches Thema spielte Covid-19 bei der Convention?

Christoph: Wir hatten vergleichsweise wenig bis keine krankheitsbedingten Absagen, was ein gutes Zeichen ist. Inhaltlich schwingen die vielschichtigen Folgen der Pandemie natürlich im Subtext immer mit. 

 

Wie ist die Stimmungslage in der Musikbranche?

Norbert Oberhaus: Man konnte eine große Erleichterung verspüren, sich endlich wieder live und in Farbe zu treffen und auszutauschen. Das hat man durch die Bank von allen Teilnehmer*innen zu hören bekommen. Steile Lernkurve hin, beschleunigte Digitalisierung her: Unsere Branche lebt vom direkten Kontakt zwischen Künstler*innen, Bands, Label, Vertrieben, Clubs und Festivals. Gleichzeitig hat die Branche während der Pandemie gelitten wie kaum eine andere: first in, last out. Vor allem der Live-Sektor schiebt eine Riesenwelle zum Teil mehrfach verschobener Konzerte vor sich her, gleichzeitig wurden weiter neue Songs und Alben veröffentlicht.

Christoph: Es sind aber auch andere Themen in den Vordergrund gerückt: Arbeitsbedingungen, Work-Life-Balance, die Frage nach einer familienfreundlichen Musikindustrie, gerechtere und diversere Fördermöglichkeiten, CO2-Bilanzen des Kulturbetriebs und vieles mehr. 

 

Wie sieht es derzeit speziell in Köln aus, was Musiker*innen, Clubs und Veranstalter*innen betrifft?

Oberhaus: Dank der Klubkomm, dem Verband Kölner Clubs und Veranstalter, konnte bundesweit als erste Stadt eine Förderung durch die Stadt Köln für die Clubs erreicht werden. Außerdem sind für Clubs und Veranstalter*innen sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene zahlreiche Hilfsprogramme initiiert worden. Damit sind Clubs bislang einigermaßen bis gut durch die Krise gekommen. Das gleiche gilt auch für Musiker*innen, wobei hier trotz großem Unterstützungswillen die Hilfsprogramme oft nicht zielgenau beziehungsweise nicht leicht zugänglich waren. Insgesamt wurde aber in den letzten beiden Jahren so viel Unterstützung für die Musikbranche bereitgestellt wie nie zuvor.

 

Was war neu auf der c/o pop 2022?

Christoph: Das Konzept, wie wir es in diesem Jahr umgesetzt haben, lag schon 2020 fertig vor. Dazu gehört unter anderem der Umzug der Convention nach Ehrenfeld, um nicht zuletzt eine räumliche Nähe zum Festival zu schaffen. Ebenfalls neu war die in Präsenz durchgeführte Programm-Partnerschaft mit den VUT Indie Days Köln; der VUT ist der Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen. Ebenfalls neu war die TINCON Bühne auf der Convention. Die TINCON – teenagerinternetwork conference richtet sich dezidiert an ein junges Publikum zwischen 13 und 25 Jahren. Eine weitere Neuerung wurde mit c/o work präsentiert, dem ersten Job-Festival für die Musikwirtschaft. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und einer von der Pandemie gebeutelten Musikbranche mit dennoch hochspannenden Berufsfeldern werden innovative Wege des Recruitings benötigt. Hier gab es keine klassischen Bewerbungsgespräche oder Messestände. Recruiter*innen und zukünftige Arbeitnehmer*innen sollten sich ganz ungezwungen beim Job-Festival kennenlernen. c/o work wurde zudem von der KölnBusiness-Wirtschafsförderung unterstützt. 

 

Neu ist ja auch das PopBoardNRW. Mit welcher Intention wurde es gegründet?

Oberhaus: Für NRW und alle beteiligten Stakeholder ist die Gründung ein Meilenstein! Denn das PopBoard spricht jetzt für die ganze Popmusik-Szene in NRW. Zuvor saßen über Jahre hinweg immer wieder wir von der c/o pop mit am Tisch, wenn es etwa auf Bundesebene um kulturpolitische Themen oder Förderfragen ging. Dabei hatten wir dafür eigentlich gar kein Mandat, aber es gab schlichtweg keine Strukturen und somit keine Ansprechpartner. Dieses Mandat hat nun das PopBoard NRW, das wir in den letzten Jahren mit aufgebaut haben.

 

Hat das Modell Köln mit c/o pop und Klubkomm dabei einen gewissen Vorbildcharakter?

Oberhaus: Wenn es darum geht, Netzwerke als Interessensvertretungen zu etablieren, auf jeden Fall. Denn in der Politik lässt sich nur dann etwas verändern oder verbessern, wenn sich Branchen in sich vernetzen und organisieren und mit einer Stimme sprechen.

 

Ist das Bild von der Band, die sich mit harter Arbeit und viel Talent ohne Förderung ins Rampenlicht tourt, nostalgisch verklärt, oder warum braucht es diese Form der Unterstützung?

Christoph: Es ist vor allem zu kurz gedacht. Förderung ist heutzutage ein komplexer Bereich, weil sich nicht nur die Branche verändert hat, sondern auch die Protagonist*innen. Künstler*innen sind auch Unternehmer*innen, weil es nicht mehr die klassischen Silos und Trennungen gibt. Auf die Bühnen zu kommen ist da nur ein Baustein. Die Herausforderungen einer digitalisierten Branche, die ihre Hauptumsätze beim Streaming macht, verlangt von Künstler*innen eine andere Herangehensweise. Nie gab es so viel verfügbare Musik wie heute, da ist Sichtbarmachung schon eine enorme Aufgabe, um nur ein Bespiel zu nennen, wo Förderung ansetzt. Und ohne das Rettungs- und Zukunftsprogramm „Neustart Kultur“ der Bundesregierung hätten Festivals, Clubs und vor allem Künstler*innen den Pandemie-bedingten Stillstand ökonomisch nicht überlebt.

 

Blick in die Zukunft der Popkultur: Welche Entwicklungen und Tendenzen sehen Sie allgemein und mit Blick auf Köln?

Christoph: Nicht nur in Ehrenfeld, wo das Herz der c/o pop schlägt und wo wir seit 20 Jahren an verschiedenen Standorten unser Büro haben, herrscht hoher Gentrifizierungsdruck: So gibt es hier inzwischen drei Top-Klubs weniger als noch vor zehn Jahren, weil mit dem Underground ein alteingesessener Kölner Klub ebenso abgerissen wurde wie gegenüber das Heinz Gaul als einer der zwei wichtigsten Techno-Klubs der Stadt, und auch die Papierfabrik gibt es nicht mehr. Und in naher Zukunft könnten weitere Clubs betroffen sein. Das hätte dramatische Auswirkungen.

Oberhaus: Deshalb ist es in diesem Bereich auch unsere Aufgabe, hier zusammen mit der Klubkomm und dem neuen PopBoard NRW den Druck auf die Politik hochzuhalten. Denn so sehr sich alle freuen, dass c/o pop die Stadt aus dem Pandemieschlaf geweckt hat, wie der Kölner Stadt-Anzeiger konstatiert hat, so sehr müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Bedingungen dafür bestehen bleiben. Und dazu zählt eine stabile, gesicherte Clublandschaft auf hohem bis höchstem Niveau.

 

2023 feiert die c/o pop Ende April ihr 20-jähriges Bestehen. Wird es eine große Sause geben?

Christoph: 20 Jahre sind in dieser Branche in der Tat eine lange Zeit, und wir haben hier auch ein paar komplizierte Jahre hinter uns gebracht und eine tolle Entwicklung hingelegt. Insofern gibt es einiges zu feiern, aber für Details ist es an dieser Stelle noch etwas zu früh!

 

Aktuelles

Alle News