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Digital Misfits Festival

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Am 20. und 21. September 2022 findet im Kölner Odonien das Digital Misfits Festival statt. Das was? Wir haben uns von Initiator Dennis Schenkel aufklären lassen, was Digital Misfits überhaupt sind, und hatten auch sonst noch einige Fragen. Die Antworten finden Sie hier.

 

Also, was sind Digital Misfits?

Als Misfits bezeichnen wir Menschen, die nicht den klassischen Lebensweg gehen oder gegangen sind. Also Leute, bei denen der Lebenslauf vielleicht etwas holprig ist oder nicht geradlinig. Die vielleicht Quereinsteiger:innen sind und das Gefühl haben, dass sie in der Arbeitswelt nicht an der Stelle sind, wo sie hingehören; die sich möglicherweise auch so ein bisschen als der Fehler im System verstehen. Das „Digital“ weist darauf hin, dass wir insbesondere Menschen ansprechen, die etwas mit Digitalisierung zu tun haben, die in der digitalen Welt arbeiten. Ein Talent ist heutzutage gerade in diesem digitalen Kontext nur noch selten das, was noch vor 20, 30 Jahren als Talent gesehen wurde, als die Karrierewege noch sehr vorgegeben und geradlinig waren. Fähigkeiten und Wissen kann man sich mittlerweile autodidaktisch aneignen, es braucht nicht mehr für jede Aufgabe diese klassischen, sehr ausführlichen Ausbildungen. Es ist auch einfacher geworden, in andere Themenfelder zu wechseln. Viele Unternehmen tun sich sehr schwer, sich daran anzupassen. Sie wollen immer noch dieselben Talente wie vor 20, 30 Jahren. So kommt es, dass sich viele Talente nicht als Talente erkannt fühlen. Sie sind nicht als solche sichtbar.  

 

Wenden Sie sich nur an Misfits, die schon fest angestellt sind, oder auch an solche, die noch einen Job suchen?

Ja, auch an diese. Wir haben aber auch Schüler:innen vor Ort und Studierende, denen wir ein Gefühl dafür geben wollen, was auf dem Arbeitsmarkt gerade los ist. Und natürlich Leute, die einen kompletten Quereinstieg anpeilen. All diesen Menschen wollen wir den Rücken stärken. Ihnen sagen: Ihr seid richtig und Ihr seid wichtig für das, was uns in den nächsten Jahren erwartet, insbesondere in Hinsicht auf das Thema Digitalisierung. Das Motto unserer diesjährigen Veranstaltung lautet ja „Wandel braucht Misfits“. Wandel braucht die Menschen, die anders sind, die anders Sichtweisen haben, die nicht durch das System so geformt sind, dass sie das System bloß reproduzieren. Sie fordern das System auch heraus und verändern es von innen heraus, natürlich immer im positiven Sinne. Wir wollen keinen Systemumsturz, sondern einen positiven Wandel für unsere Arbeitswelt und unsere Gesellschaft voranbringen. Unsere Überzeugung ist, dass diese Misfits – man hat früher auch „Querdenker“ gesagt, aber diesen Begriff  kann man halt nicht mehr benutzen – dazu ermutigt werden müssen, aktiv zu werden und Veränderungen voranzutreiben.

 

Verfolgen Sie Ihre Agenda „nur“ mit Ihrem Festival?

Wir machen das mit verschiedenen Veranstaltungen. Zum einen ist da dieses Festival, das einmal im Jahr stattfindet. Damit haben wir 2019 angefangen, doch dann kam Corona. Wir haben daraufhin versucht, das Konzept virtuell umzusetzen, waren damit aber nicht so zufrieden. Deshalb werden wir das Festival jetzt wieder in die reale Welt holen. Zum anderen machen wir aber auch Veranstaltungen, die bislang ausschließlich in der virtuellen Welt stattfinden. Zum Beispiel haben wir die NäheGoesOnline-Konferenz gestartet, wo es um virtuelle Zusammenarbeit geht, also darum, auch im virtuellen Raum Nähe in Teams zu ermöglichen. Man hat ja am Anfang von Corona oft gehört, das Teamgefühl gehe im Lockdown verloren, man habe die Nähe zu seinen Kolleg:innen nicht mehr und so weiter. Wir haben hingegen gesagt: Wenn wir uns Mühe geben und nicht nur das, was wir in der analogen Welt machen, ins Virtuelle zu holen versuchen, sondern „virtuell“ neu denken, dann haben wir ganz tolle Möglichkeiten, auch dort Team-Gefühl, Wir-Gefühl, Zusammengehörigkeitsgefühl und eine gute Arbeitskultur zu etablieren. Darüber hinaus haben wir noch verschiedene andere Formate, die monatlich stattfinden; kleine virtuelle Treffen, bei denen wir unterschiedliche Themen besprechen.

 

Was passiert beim Digital Misfits Festival 2022?

Der 20. September ist unser Master-Class-Tag, da finden Workshops zu verschiedenen Themen statt, zum Beispiel, wie man Wandel gestaltet und wie man selber aktiv und sichtbar werden kann mit dem, was man tut. Der zweite Tag ist der Konferenztag, an ihm werden wir auf drei Bühnen und im Nebenprogramm verschiedene Themen behandeln. Die erste Bühne ist die Misfits Stage, da werden wir Menschen porträtieren, die schon gezeigt haben, dass sie aktiv werden, die also Wandel vorangetrieben haben. Bei Daimler-Benz beispielsweise gibt es die Initiative #gerneperDu; sie ist aus der Belegschaft heraus entstanden und soll erreichen, dass im Unternehmen standardmäßig geduzt statt gesiezt wird. Wir werden auch Mohanna Azarmandi dabei haben; sie ist Chief Learning Officer von Microsoft Deutschland und befasst sich in dieser Funktion mit Themen wie Fortbildung und lebenslangem Lernen. Sie ist als Flüchtlingskind aus dem Iran nach Deutschland gekommen, hat Psychologie studiert und ist bei Microsoft nun die jüngste Person mit einer C-Rolle im Unternehmen. Mit ihrem Lebensweg ist sie in gewisser Weise auch ein Misfit. Die zweite Bühne, das ist der VUCA Circus.

 

Auch das ist erklärungsbedürftig.

Das V steht für "volatility" ("Volatilität"), das C für "uncertainty" ("Unsicherheit"), das C für "complexity" ("Komplexität") und das A für "ambiguity" ("Mehrdeutigkeit"). Die beiden vergangenen Jahre haben es ja schon gezeigt und das laufende Jahre demonstriert es noch mal par excellence, dass wir in dieser Welt – und eben auch nicht in der Arbeitswelt – nichts mehr sicher planen können; dass wir nicht davon ausgehen können, dass alles so bleibt, wie es ist. Es gibt vielmehr ganz viel Unsicherheit, ganze viele verschiedene Einflussfaktoren, es ist alles sehr komplex. Und wir müssen uns darauf einstellen, dass das das neue Normal sein wird; dass wir nicht mehr mit Fünf-Jahres-Plänen arbeiten können, sondern, wenn wir Glück haben, mit Fünf-Monats-Plänen. Das ist die zweite Bühne, da wird es um das Thema „Moderne Arbeitswelten“ gehen: wie arbeiten wir zusammen, welche Themen sind für unsere zukünftige Arbeitswelt von Bedeutung. Und dann wird es die dritte Bühne geben, das ist der Culture Garden.

 

Worum geht es da?

Um alles, was Unternehmenskultur angeht, Personalstruktur, Organisationsentwicklung: also um all das, bei dem Unternehmen vielleicht Nachholbedarf haben. Wir lesen ja überall vom „war for talents“ und vom Fachkräftemangel. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie  wirklich etwas dafür tun müssen, damit Talente für sie arbeiten wollen, und dass sie Talente nicht mehr übersehen dürfen. 

 

Wen erwarten Sie in Odonien?

Zu 50 Prozent sind es Leuten aus Unternehmen, die aus Eigeninteresse kommen oder mit dem Auftrag zu uns geschickt werden, sich schlau zu machen. Die anderen 50 Prozent ordnen wir in die Misfits-Kategorie ein. Das können Leute sein, die schon eine Festanstellung haben oder noch auf Jobsuche sind, Studierende oder auch Selbstständige, die deshalb selbstständig arbeiten, weil sie von Unternehmen nicht als das Talent erkannt werden, das sie sind. Das sind die klassischen Freiberufler etwa im Online-Marketing, die liebend gerne in einem Unternehmen arbeiten würden, die dort aber nicht in einer Festanstellung gesehen werden.

 

Kann man sich noch kurzfristig zum Besuch Ihres Festivals entscheiden?

Am ersten Tag kostet die Teilnahme 199 Euro, da kann man sich auch kurzfristig noch bis zum Abend vorher anmelden. Und am 21. September ist die Teilnahme kostenlos, da kann man sich ebenfalls bis zum Vorabend anmelden.

 

Sind Sie eigentlich selbst ein Misfit?

Ja, das Festival ist tatsächlich aus eigener Erfahrung entstanden. 2016 war ich schon mehrere Jahre selbstständig , wollte aber in ein festes Anstellungsverhältnis. Ich habe mich bei diversen Unternehmen beworben und wurde von den meisten noch nicht mal zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Dabei hatte ich schon einiges an Erfahrung gesammelt, hatte Veranstaltungen gemacht und ganz viel gelernt, was damit zusammenhängt, also vom Vertrieb für Sponsoren über IT und Technik bis zum Marketing für die Veranstaltung. Ich habe aber auch im Bereich Digitalisierung als Berater gearbeitet, konnte das aber alles nicht nachweisen. Zudem habe ich 16 Semester für mein Sechs-Semester-Studium gebraucht, weil ich währenddessen ein Start-up gegründet hatte. Mit so einem Lebenslauf konnten die Unternehmen leider nichts anfangen.

 

Wie ging es weiter?

Schließlich bin ich durch Zufall in einer Unternehmensberatung gelandet. Dort hatten wir vor allem Kunden aus dem gehobenen mittelständischen Bereich, und es kam öfter vor, dass diese Kunden nachher zu mir gekommen sind und mich gefragt haben: „Herr Schenkel, wie findet man denn solche Leute wie Sie?“ Ich habe dann gemerkt: Das, was ich bei meinen Bewerbungen erlebt habe, erleben ganz viele Menschen, und sie fühlen sich schlecht, weil sie immer nur Absagen und so das Gefühl bekommen: Ich bin nicht gut genug für diese Gesellschaft. Gleichzeitig sind sie aber sehr talentiert. Das war der Grund für mich, „Digital Misfits“ ins Leben zu rufen. Mein Anliegen war einerseits, die Unternehmen aufzuklären und ihnen zu sagen: Guckt Euch die Leute doch mal genauer an, erweitert Euren Blickwinkel, seid toleranter und urteilt nicht voreilig. Und auf der anderen Seite den Misfits den Rücken zu stärken und ihnen zu sagen: Nur weil Euch bislang kein Unternehmen als das gesehen hat, was Ihr seid, heißt es nicht, dass ihr nutzlos seid. Im Gegenteil, Ihr seid die Menschen, die Wandel vorantreiben. Ihr seid wichtig. Denn die Herausforderungen, vor denen wir in den nächsten Jahren stehen werden, werden wir nicht mit dem Mindset der vergangenen 20, 30 Jahren lösen.

 

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